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„Verstehe mich als Sprachrohr der Kinder“

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Filmemacher Thomas Binn am Drehort in Uedem.
Filmemacher Thomas Binn am Drehort in Uedem.
© Verena Weiße / Lebenshilfe NRW

Ich.Du.Inklusion – Wenn Anspruch auf Wirklichkeit trifft“ ist der erste lange Kino-Dokumentarfilm, der sich kritisch mit dem Thema Inklusion in der Schule auseinandersetzt. Der Film startete im Mai deutschlandweit in 45 Kinos, im November erscheint er auf DVD. Filmemacher Thomas Binn (47) aus Kevelaer gibt im Gespräch mit Verena Weiße vom Lebenshilfe journal Einblicke in die Fehler, die bei der Einführung von Inklusion an Schulen in NRW gemacht wurden und zeigt Lösungsansätze auf.

Lebenshilfe journal: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Kino-Dokumentarfilm über Inklusion in der Schule zu drehen?

Thomas Binn: Die Idee ist in einem Gespräch mit Schulleiter Johannes Nolte entstanden. Wir kannten uns
von früheren Projekten zum Thema „Mobbing in der Grundschule“. Es gab eine breite Basis des Vertrauens zwischen uns. Johannes Nolte hatte mich Anfang 2014 gefragt, ob ich die erste Inklusionsklasse an seiner Geschwister-Devries-Grundschule in Uedem bei Kevelaer filmisch begleiten möchte. Ich bin also in dieses Projekt gestolpert, aber es hat mich sehr interessiert. Es war unheimlich
schwer, Menschen zu finden, die das Projekt finanziell fördern wollten. Das Blatt änderte sich erst, als
der Filmverleih „mindjazz pictures“ aus Köln mit ins Boot kam.

Wann wurde die Inklusion an den Schulen in NRW flächendeckend eingeführt?

Im Sommer 2014 wurde sie rechtskräftig, das heißt, dass jedes Kind mit Unterstützungsbedarf einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Regelschule hat. Bisher waren 15 Kinder in der GU-Klasse
(Gemeinsamer Unterricht), von denen fünf einen Unterstützungsbedarf hatten. Die Klassen waren
durchgängig doppelt besetzt mit einer Lehrkraft und einer Sonderpädagogin. Das neue System sah von
heute auf morgen Folgendes vor: Anhebung der Klassengröße auf 22 Schüler pro Klasse, acht Kinder mit
Unterstützungsbedarf und nur sieben Stunden pro Woche Unterstützung durch eine Sonderpädagogin.
Das kann nicht funktionieren.

Sie haben die Klasse vom ersten Tag bis zum ersten Zeugnis zweieinhalb Jahre begleitet. Was muss anders laufen, damit Inklusion in der Schule funktioniert?

Inklusion wurde zu schnell umgesetzt. Die Lehrer stehen enorm unter Druck, sind überfordert, Eltern fühlen sich unverstanden und die Kinder sind die Leidtragenden. Ich verstehe mich als Sprachrohr der Kinder. Inklusion muss über einen langen Zeitraum langsam eingeführt werden. Mit Bedacht. Der inklusive Gedanke ist super, alle wollen Inklusion, aber nicht so. Es braucht bestimmte Rahmenbedingungen, damit Inklusion in der Schule funktioniert, wie die durchgängige Doppelbesetzung
mit einer Lehrkraft und einer Sonderpädagogin. Der Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung
ist sehr hoch.

Konkret heißt das noch?

Die Klassen müssen besser besetzt werden mit qualifiziertem Personal, sie brauchen Ausgleichsräume, wo sich die Kinder auch mal zurückziehen können und differenziertes Unterrichtsmaterial. Mehr finanzielle Ressourcen, um individuell agieren zu können.

Ihr Dokumentarfilm beleuchtet die verschiedenen Perspektiven und zeigt deutlich die Schwierigkeiten auf. Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Film?

Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, die Bildungssituation für die Kinder in unserem Land zu verbessern. Wir legen den Finger in die Wunde, denn wir haben in zahlreichen Gesprächen zum
Film erfahren, wie hoch Gesprächsbedarf und Unzufriedenheit bei Eltern und Lehrern sind. Jeder soziale
Träger kann den Film in einem Kino vor Ort zeigen. Koordiniert wird das Ganze über den Filmverleih.
Das Thema betrifft viele Menschen, denn es geht um die Zukunft unserer Kinder.

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