Im ersten Moment mag man nicht glauben, dass bei einem Anpassungsausschluss nach § 8 Absatz 4 WBVG neben der Unterschrift von Bewohner:innen auch die Unterschrift des Leistungserbringers für die Wirksamkeit notwendig ist. Dem ist aber so, wir verweisen hierzu auf einen wichtigen Artikel der Lebenshilfe Bayern e.V. (Informationsdienst 12/2023).
Anpassungsausschluss nach § 8 Abs. 4 WBVG – formale Anforderung beider Unterschriften auf einer Urkunde
"Der Landesverband weist auf eine wichtige formale Anforderung an einen wirksamen Anpassungsausschluss in Wohn- und Betreuungsverträgen nach § 8 Abs. 4 WBVG hin. Auch der Anpassungsausschluss bedarf genauso wie der Vertrag an sich gem. § 8 Abs. 4 Satz 4 WBVG der Schriftform. Wie die Schriftform eingehalten wird, ist in § 126 BGB geregelt.
Damit ein solcher Anpassungsausschluss auch formal wirksam ist und damit bei einer gerichtlichen Überprüfung einer darauf gestützten Kündigung Berücksichtigung finden kann, sollte die beim Leistungserbringer befindliche Urkunde die Unterschrift beider Vertragsparteien, also auch die der Einrichtung enthalten.
Das Oberlandesgericht München hat in einem Beschluss vom 23.05.2023 (AZ 20 U 1138/23 e, Anlage 4) entschieden, dass es nicht genügt, wenn als Beweis eines formal wirksamen Anpassungsausschlusses nur eine Urkunde mit der Unterschrift des Bewohners bzw. seines gesetzlichen Vertreters vorgelegt werden kann. Im konkreten Fall konnte der Einrichtungsträger zwar einen von beiden Parteien unterschriebenen WBVG-Vertrag vorlegen, der Anpassungsausschluss (der Anlage des Vertrags war), war jedoch nur vom gesetzlichen Vertreter des Bewohners unterschrieben. Der Bewohner hatte auch keine vom Einrichtungsträger unterschriebenen Anpassungsausschluss erhalten. Damit musste sich das Gericht mit der Frage, ob der Kündigungsgrund unter den Anpassungsausschluss fällt, gar nicht mehr auseinandersetzen.
Bei der möglicherweise in der Praxis häufig anzutreffenden Variante, dass jede Vertragspartei eine von der jeweils anderen Partei unterschriebene Fassung erhält, ist zwar gem. § 126 Abs. 2 S. 2 BGB rechtlich wirksam, sie birgt jedoch im Streitfall Beweisprobleme.
Der Landesverband empfiehlt deshalb, um solchen formalen Problemen von vornherein zu vermeiden, sowohl den Wohn- und Betreuungsvertrag als auch einen etwaigen Anpassungsausschluss immer mit den Unterschriften beider Vertragsparteien in den Akten zu haben."