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Ausgabe 3/2019, Seite 4.

"Lebenshilfe bildet ein gelungenes und einzigartiges Profil"

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Bärbel Brüning noch an ihrem alten Arbeitsplatz in Kiel.
Bärbel Brüning noch an ihrem alten Arbeitsplatz in Kiel.
© Privat

Seit 1. September ist Bärbel Brüning neue Geschäftsführerin bei der Lebenshilfe NRW. Im Interview mit dem Lebenshilfe journal spricht die gebürtige Rheinländerin über die Gründe für ihre Rückkehr in die Heimat, ihre Ziele und ihre Verbindung zur Lebenshilfe.

Sie waren fast sieben Jahre lang als Landesgeschäftsführerin der Lebenshilfe Schleswig Holstein tätig. Seit 1. September sind Sie die neue Landesgeschäftsführerin der Lebenshilfe NRW. Warum der Wechsel nach NRW?

Kurz und auf Kölsch gesagt: „Dat es Heimat“. Der wichtigste Grund zur Rückkehr nach NRW sind langjährige Wegbegleiter wie mein Lebenspartner, Geschwister und Freunde. Ich war jetzt insgesamt fast zwölf Jahre beruflich in Baden-Württemberg bzw. Norddeutschland und trotz der tollen Leute in Schleswig-Holstein und trotz des wunderschönen Landes zwischen den Meeren, möchte ich mehr Zeit mit den für mich wichtigsten Menschen verbringen. Ich habe zuletzt auch zunehmend die vielen kulturellen Möglichkeiten und die Vielfalt der Landschaften, Städte und anderen Orte, die NRW zu bieten hat, vermisst. Da das Leben endlich ist und ich richtig Lust auf neue Herausforderungen habe, ist es ein guter Zeitpunkt, nochmal richtig loszulegen und das sehr gerne für die Lebenshilfe in meiner Heimat mit der Nähe langjährig vertrauter Menschen.

Was möchten Sie in NRW für Menschen mit Behinderung erreichen?

Die Frage kurz zu beantworten, fällt mir nicht leicht, denn da fällt mir vieles ein. Zunächst einmal nehme ich das Motto „Nicht ohne uns über uns“ sehr ernst. Das heißt, handlungsleitend ist vor allem, was Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen selbst am wichtigsten ist. Dazu gehören: Stärkung der Teilhabemöglichkeiten, Erweiterung von Wahlmöglichkeiten und damit auch der Angebote in fast allen Lebensbereichen und ein soweit wie möglich selbstbestimmtes Leben mit der entsprechenden Assistenz und Unterstützung. Das heißt, unsere Aufgabe als Lebenshilfe ist es, uns für die entsprechenden Rahmenbedingungen stark zu machen und Entscheidungsträger davon zu überzeugen, dass es entsprechende Assistenz- und Unterstützungsleistungen braucht und diese weiterentwickelt werden müssen.

Auch bewegen mich Schlagworte wie Inklusion, Partizipation und Selbstvertretung sehr. Damit Menschen mit Behinderung wirklich teilhaben und mitwirken können, sind viel mehr Informationen in Leichter Sprache und barrierefreie Information und Kommunikation notwendig, Bildungsangebote – auch im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, Arbeitsangebote, Beschäftigungs- und Teilhabemöglichkeiten auch für Menschen mit schweren Behinderungen, barrierefreie Freizeitangebote, mehr Wahlmöglichkeiten bezüglich der Wohnsituationen und vieles mehr.

Nicht zuletzt bringt das Bundesteilhabegesetz aktuell eine ordentliche Portion Unsicherheit mit sich. Hier gilt es Menschen mit Behinderung und Angehörigen gute Informationen zu liefern und sie im weiteren Geschehen zu begleiten. Darüber hinaus ist es für mich wichtig, wo immer es geht, gemeinsam mit dem Vorstand und auch mit anderen Verbänden Einfluss auf die weiteren Umsetzungsschritte und -gesetze des Bundesteilhabegesetzes zu nehmen. Insgesamt möchte ich mich weiter stark machen für eine umfassende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Denn da gibt es noch viel Luft nach oben.
Sie haben einen sehr interessanten und vielseitigen Lebenslauf und waren für die unterschiedlichsten Träger tätig.

Wie ist die Verbindung zur Lebenshilfe entstanden?

Ich habe mich sehr bewusst für die Lebenshilfe entschieden. Die Geschichte der Entstehung der Lebenshilfe als Elternverband, die selbstverständliche Einbeziehung von Eltern und Menschen mit Behinderung, aber auch insgesamt die aktuelle Kombination als Eltern-, Selbstvertretungs- bzw. Selbsthilfeverband und zugleich Fach- und Trägerverband zu sein, bildet aus meiner Sicht ein sehr gelungenes und einzigartiges Profil, das uns von anderen Verbänden und Organisationen der Eingliederungshilfe sinnvoll unterscheidet. Außerdem stehe ich voll und ganz hinter den Grundsätzen der Lebenshilfe und muss mich nicht verbiegen, wenn ich mich positioniere. Das ist mir sehr wichtig.

Gibt es in Ihrem Leben einen privaten Bezug zu Menschen mit Behinderung?

Ja, es gibt in meiner Familie und Bekanntenkreis Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen. Da auch heute noch Menschen aus unterschiedlichen Gründen nicht über ihre Behinderung sprechen, gibt es vermutlich im Umkreis aller Menschen auch solche mit Behinderung, von denen man es nicht weiß. Die Behinderung eines Menschen ist ja nicht das Einzige, was jemanden als Person ausmacht, deshalb ist das völlig o.k. so. Jeder soll selbst entscheiden, mit wem er darüber sprechen möchte. Für mich gehören Krankheiten und Behinderungen von Kind an zum Leben und unter anderem auch zu den Menschen, mit denen ich privat Zeit verbringe.

Worauf freuen Sie sich am meisten bei Ihrer neuen Tätigkeit?

Auf die Menschen – so wie mir bzgl. des Abschieds aus Schleswig-Holstein auch der Abschied von Menschen am schwersten fällt. Ich freue mich darauf, die unterschiedlichsten Menschen mit und ohne Behinderung mit ihren vielfältigen Aufgaben bei der Lebenshilfe NRW kennenzulernen und mit ihnen gemeinsam den Verband und die Gesellschaften zum Wohle der Menschen mit Behinderung zu gestalten und weiter zu entwickeln.

Ich freue mich auch darauf, die ehrenamtlich geführten Vereine in NRW zu unterstützen, denn einige von ihnen stehen – wie bundesweit – vor der Frage, wie sie sich zukunftsfähig aufstellen können. Schön ist bei allen Herausforderungen zudem: Die Kollegen der anderen Landesverbände, die Bundeskammer und auch die Bundesvereinigung sowie die dazugehörigen Gremien sind mir vertraut. So hat es etwas von „Standortwechsel“, denn es ist schön, weiter innerhalb der Lebenshilfe Verantwortung übernehmen zu können, sich für die Interessen der Mitglieder und auch gesamtgesellschaftliche Veränderungen einzusetzen.

Das Gespräch führte Verena Weiße.

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