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Wer trägt Kosten für (Pflege-)Hilfsmittel?

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Kostenübernahme in der besonderen Wohnform, der Einrichtung der Eingliederungshilfe

Eine solche Pfelgebadewanne muss der Einrichtungsträger finanzieren, wenn diese von mehreren Bewohner:innen genutzt wird. Wird die Wanne ausschließlich von einer Person genutzt sieht es wiederum anders aus.
Eine solche Pfelgebadewanne muss der Einrichtungsträger finanzieren, wenn diese von mehreren Bewohner:innen genutzt wird. Wird die Wanne ausschließlich von einer Person genutzt sieht es wiederum anders aus.
© Lebenshilfe / David Maurer

In regelmäßigen Abständen kommt in der besonderen Wohnform die Frage auf, wer die Kosten bestimmter Hilfsmittel, wie zum Beispiel eines Duschstuhls (eines Pflegebetts oder eines Badewannenlifts) trägt. Werden diese Kosten von der Kranken- oder Pflegekasse, vom Träger der Eingliederungshilfe oder von der besonderen Wohnform selbst getragen?

Handelt es sich um ein Hilfsmittel, dass individuell für einen bestimmte Bewohner:innen angefertigt und auf sie angepasst wurde, wie es zum Beispiel bei Hörgeräten, Kompressionsstrümpfen oder Prothesen der Fall ist, werden die Kosten von der Kranken- oder Pflegekasse getragen. Es handelt sich dann um individuell angepasste Hilfsmittel, die ihrer Natur nach nur für den einzelnen Versicherten bestimmt und grundsätzlich nur für ihn verwendbar sind, beziehungsweise es handelt sich um Hilfsmittel, die der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses außerhalb des Pflegeheims dienen.

Handelt es sich um ein Hilfsmittel, dass wie zum Beispiel ein Duschstuhl aus dem Katalog des Herstellers stammt und grundsätzlich von verschiedenen Bewohner:innen genutzt werden kann, sieht es anders aus. Dann handelt es sich um ein Hilfsmittel, dass gerade nicht auf eine bestimmte Person angepasst wurde.

Man könnte zunächst an einen Anspruch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V gegen die Krankenkasse denken. § 33 SGB V ist jedoch nur anwendbar, wenn es sich zum Beispiel bei dem Duschstuhl um ein Hilfsmittel im Sinne des SGB V handelt, es also einer konkreten Krankenbehandlung oder dem Ausgleich oder der Vorbeugung einer Behinderung dient. Liegt keine dieser Voraussetzungen vor, kommt der Anspruch nach § 33 SGB V nicht in Betracht. Hinzu kommt, dass der Duschstuhl klassischerweise zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beiträgt oder dem Pflegebedürftigen eine selbstständigere Lebensführung ermöglicht. Es handelt sich dann um ein Pflegehilfsmittel im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI und stellt deshalb ein Pflegehilfsmittel zur Erleichterung der Pflege dar, weshalb der Anspruch nach § 33 SGB V ausscheidet. Duschstühle gehören zur Gruppe 4 des Hilfsmittelverzeichnisses des GKV-Spitzenverbandes.

Ein Anspruch aus § 40 SGB XI, Pflegehilfsmittel, scheidet vorliegend aber aus, da ein solcher Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln nur im häuslichen Bereich besteht und gerade nicht in zum Beispiel einer besonderen Wohnform. Der Bezug von Leistungen nach § 43a SGB XI durch Bewohner:innen der besonderen Wohnform führt zusätzlich dazu, dass der Anspruch gegen die Pflegekasse ausscheidet, da diese Vorschrift keine dem § 40 SGB XI vergleichbare Regelung enthält.

Man könnte nun an die Pflicht der gesetzlichen Kranken-/Pflegeversicherung zur Versorgung der Versicherten in einer besonderen Wohnform mit Hilfsmitteln denken. Diese Pflicht endet nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§§ 43 Abs 1, 2, 43a SGB XI). Die Rechtsprechung überträgt dies auf Einrichtungen der Eingliederungshilfe, § 43 a SGB XI.

Es ist deshalb zu prüfen, ob es sich bei der jeweiligen besonderen Wohnform um eine Pflegeeinrichtung im Sinne des § 71 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI handelt. Dann müssen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft im Vordergrund stehen und die Pflegeversicherung einen pauschalen Anteil nach § 43a SGB XI leisten. Dies setzt voraus, dass die in § 71 Absatz 4 SGB XI genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen, vgl. Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes Spitzenverbandes nach § 71 Abs. 5 Satz 1 SGB XI zur näheren Abgrenzung der in § 71 Abs. 4 Nr. 3 Buchstabe c SGB XI genannten Merkmale. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann seitens der angegangenen Kranken- oder Pflegekasse auf die Vorhaltungspflicht einer Pflegeeinrichtung, bzw. hier der besonderen Wohnform verwiesen werden.

Die Pflicht zur Kostentragung, bzw. zur Bereithaltung der Hilfsmittel könnte sich aus dem vom Träger der besonderen Wohnform mit dem Eingliederungshilfeträger geschlossenen Leistungsvereinbarung ergeben. Entscheidend für die Frage nach der Kostentragung ist das Konzept der jeweiligen besonderen Wohnform und die tatsächlich mit dem Träger der Eingliederungshilfe verhandelte Ausstattung der Einrichtung. Wenn zum Beispiel das Konzept auf immobile Menschen ausgerichtet ist, muss ein Duschstuhl gestellt werden. Anders wäre es aus meiner Sicht bei einer Konzeption für junge Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen.

Hinsichtlich der Kostentragung durch den Träger der Eingliederungshilfe werden die gesetzlichen Regelungen (aus dem SGB XII, bzw. seit dem 1. Januar 2020 aus dem SGB IX) durch den Landesrahmenvertrag konkretisiert. Aktuell gilt zwar der Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX Nordrhein-Westfalen vom 23. Juli 2019, aber es greifen gemäß Anlage U, Umstellung zum 1. Januar 2020 noch bis Ende 2025 die Regelungen des bisherigen Rahmenvertrags gemäß § 79 Absatz 1 SGB XII. Und dieser regelt beispielsweise in der Leistungsbeschreibung, dass in Wohnangeboten für Erwachsene mit geistigen Beeinträchtigungen vom Eingliederungshilfeträger angemessene und bedarfsgerechte Wohn-, Gemeinschafts- und Funktionsräume sowie Verkehrsflächen (einschließlich der erforderlichen Ausstattung, Möblierung, Wartung und Instandhaltung dieser Räume sowie der Gebäude und Außenanlagen) vorzuhalten sind. Zu dieser Ausstattung könnte dann grundsätzlich auch der Duschstuhl gehören, je nach den konkreten Bedarfen der Bewohner:innen.

Man könnte auch an einen Anspruch aus dem Recht des SGB XII, der Sozialhilfe, denken. Diese ist allerdings gegenüber anderen gesetzlichen Regelungen wie denen des SGB V oder SGB XI nachrangig. Da diese hier nicht einschlägig sind, könnte das SGB XII also greifen. Allerdings gehen auch die Regelungen des Landesrahmenvertrags der gesetzlichen Regelung des SGB XII vor und da hierüber der Versorgungsanspruch des Betroffenen gedeckt werden kann, greifen die Regelungen des SGB XII nicht.

Man könnte allenfalls versuchen, gegenüber dem Träger der Eingliederungshilfe, aber auch gegenüber der Pflegekasse im Einzelfall konkret zu begründen, warum der/die Bewohner:in gerade dieses Hilfsmittel aus dem Katalog nutzen will und dass er zum Beispiel darauf besteht, dass nur er dieses Hilfsmittel benutzen darf und darauf achtet, dass es nur von ihm genutzt wird. Damit könnte man im Einzelfall versuchen, den Verweis auf die Pflicht zur Versorgung mit dem entsprechenden Hilfsmittel mit dem Verweis auf den individuellen Bedarf zu überwinden. Das bedarf aber einer entsprechend konkreten Begründung, samt ggf. eines ärztlichen Attests.

Vergleiche hierzu:

Bundessozialgericht, Urteil vom 25. Mai 2015, Az.: B 3 KR 11/14 R (Rz.: 23 ff), Bundessozialgericht, Urteil vom 26. April 2011, B 3 P 11/00 R (Rz 19), LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21. Juni 2020, Az.: L 16/1 KR 211/14, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Juni 2019, Az.: L 9 KR 110/16, LSG Thüringen, Urteil vom 28. Januar 2013, L 6 KR 955/09; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 21. Juni 2016, L 16/1 KR 211/14; Bayrisches LSG, Urteil vom 20. Juni 2018, L 20 KR 139/17,

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